Franz Schubert: Fierrabras D.796



Heroisch romantische Oper in drei Akten von Josef Kupelwieser
(as recorded in 1959 by Radio Bern - see Discography)

Ort der Handlung: Anfangs an Karls Hoflager, dann teils im fränkischen Lager,
teils in Agrimore, dem Sitze des Boland

Ouverture

1. AKT
Frauengemach im königlichen Schlosse

Nr. 1 Introduktion

CHOR
Der runde Silberfaden
Läuft sinnig durch die Hand,
Zum Frommen, nie zum Schaden
Webt sich ein Liebespfand

EMMA
Zur HüIle selbst im Grabe,
Zur Klag' um Treuebruch,
Webt sich als Spinnergabe
Das Grab- und Tränentuch.

CHOR
Der runde Silberfaden
Läuft traurig durch die Hand,
Gedeiht zum ew'gen Schaden
Solch herbes Trauerpfand.

Nr. 2 Duett

EGINHARD
O mög' auf froher Hoffnung Schwingen
Bald unser Glück der Nacht entzieh'n!

EMMA
Zum fernen Ziele lass uns ringen,
Mit reiner Sehnsucht heißem Glüh'n

BEIDE
Treue Liebe wahrt die Seele
Sorgend in verschwieg'ner Brust
Das Geschick, wie es auch quäle,
Lacht noch dem, der treubewußt.

Festlicher Prunksaal im Schlosse

Nr. 3 Ensemble

OGIER
Die Beute laß, o Herr,
die Krieger teilen,
Uns lohnet deine Gunst

ROLAND
Ein and'rer Wunsch erfüllet mich;
Möcht' ihn mein König hören?

KARL
So sprich, er ist gewährt!

ROLAND
Wohlan! Ihr Krieger,
Schnell vor des Königs Thron bringt die Gefangenen!
Mög' Deine Gnade nicht in Grimm sich wenden.

KARL
Noch faß ich nicht -

ROLAND
Du sollst, mein König, hören.

CHOR
Des Siegers Lohn,
Der Feinde Zahl,
Vor deinen Thron
Hier nah'n sie all'!

MÄNNER und RITTER
Zu hohen Ruhmespforten
Klimmt er auf schroffem Gleis
Nicht frönt er schalen Worten,
Die Tat nur ist sein Preis.

Nr. 4 Duett

FIERRABRAS und ROLAND
Laß uns mutvoll hoffen,
Wandeln auf der Bahn,
Die dem Dulder offen,
Uns sich aufgetan.
In bescheid'nen Blüten
Prangt des Lebens Kranz,
Nach des Sturmes Wüten
Lacht der Sonne Glanz.

Garten mit einem hellerleuchteten Flügel des Schlosses


Nr. 5 Finale


EGINHARD
Der Abend sinkt auf stiller Flur,
Es soll der Treue scheiden!
Ach! Erst vernimm der Liebe Schwur,
Muß er sein Glück schon meiden.
Sein Herz erbebt im Schlachtgetos,
Die Träne schwimmt im Blicke,
Sein herb Geschick, es reißt ihn los
Vom kaum gefühlten Glücke.

EMMA und EGINHARD
Doch kehrt er heim im Siegesglanz,
Dann naht der Tag der Weihe.
Der Liebe und des Ruhmes Kranz
Reicht ihm die Hand der Treue

FIERRABRAS
Was quälst du mich, o Mißgeschick!
Will der Gedanke mich nicht fliehen!
Ich sauge Lust aus ihrem Blick.
Hinweg! - Ach mächtig fühl' ich's glühen!
In tiefbewegter Brust
Regt sich ein leises Sehnen,
Kaum meiner selbst bewußt,
Darf ich dies Glück nicht wähnen.
O schweig' betrog'nes Herz!
Verstummt, vergeb'ne Klagen!
Dem Manne ziemt nicht Schmerz,
Er muß mit Fassung tragen.

2. AKT

Freie Gegend über der französischen Grenze, von einer Anhöhe begrenzt, über welche die Ritter und später von der entgegengesetzten Seite die Mauren herabkommen. Es ist Morgen.

Nr. 6 Lied mit Chor

EGINHARD
Im jungen Morgenstrahle,
Den Blick dir zugewandt,
Grüß' ich zum letzten Male
Dich, teures Vaterland.

ROLAND
Wie leichte Wolken ziehen,
Bald Seligkeit, bald Glück;
Die Herzen, wie sie glühen,
Es trennt sie das Geschick.

EGINHARD, CHOR und ROLAND
O ew'ge Mächte weilet
Ob uns in milder Huld,
Eh' uns Verrat ereilet,
Befreit von Schmach und Schuld.

Nr. 7 Recitativ unter'm Marsch

EGINHARD
Beschlossen ist's, ich löse seine Ketten!
Der Wunsch erfüllt mich ahndungsvoll und heiß;
Um ihn, den tiefgekränkten Freund zu retten,
Geb' ich mein Leben, meine Liebe preis.

BRUTAMONTE und DIE MAUREN
Was mag der Ruf bedeuten?
Seid wohl auf eurer Hut!
Mög' er Verrat bereiten,
So ströme bald sein Blut.

EGINHARD
Bald wird sich's klar entscheiden,
Ich lache ihrer Wut;
Gefahren zu vermeiden,
Steh' ich in Freundes Hut!

BRUTAMONTE
Schnell, eh' sie nahen, fasset ihn!
Zum Fürsten führt den Kühnen hin.

DIE MAUREN
Willst du noch widersteh'n?

EGINHARD
Frei kann ich mit euch geh'n!

BRUTAMONTE und DIE MAUREN
Schnell mit dem FrevIer fort!
Er kann uns nicht entrinnen.
Verwahrt an sich'rem Ort,
Mag' er auf Ränke sinnen.

EGINHARD
Vertraut des Mannen Wort,
Ich kann euch nicht entrinnen,
Verrat an diesem Ort
Wird euch kein Frommen bringen.

ROLAND
Was ist ihm gescheh'n?

DIE RITTER
Was hat er begonnen?

OGIER
Die Zeit ist verronnen.

DIE RITTER
Er ist nicht zu seh'n.

ROLAND und OGIER
Verfolget die Spuren
In hastigem Lauf,
In Tälern und Fluren
Schnell suchet ihn auf.

DIE RITTER
Wir folgen den Spuren
Im hastigen Lauf,
In Tälern und Fluren
Wir finden ihn auf.

Gemach im Schlosse des Boland zu Agrimore

Nr. 8 Duett

FLORINDA
Weit über Glanz und Erdenschimmer
Ragt meiner Wünsche hohes Ziel;
Und jedem Glück entsag' ich immer,
Lohnt mir der Liebe süß' Gefühl.

MARAGOND
O mög' der Schein dich nicht betören,
Verrat ist der Gedanke schon.

FLORINDA
Nur seiner Stimme Klang zu hören,
Ist aller Leiden höchster Lohn.
O könnt' ich es umfangen,
Das lieblich holde Bild!
Mein glühendes Verlangen
Wird nimmer wohl erfüllt.

MARAGOND
Von trostlos stillem Bangen
ist meine Brust erfüllt;
Ach, nie wird ihr Verlangen,
Nie ihre Lust gestillt.

Nr. 9 Quintett

BOLAND
Verderben denn und Fluch
Der Falschen Frankenbrut!
Hinab in Todesnacht
Send' ich der FrevIer Scharen,
Von meinem Zorn umwacht,
Verschlingen sie Gefahren.

EGINHARD
Er malt die Schreckensnacht
Mir furchtbar, die Gefahren,
Die Qual, die ich gebracht,
Ich muß sie selbst erfahren.

FLORINDA
Des Zornes volle Macht
Wird er verdient erfahren,
Doch eine Hoffnung lacht
Mir selbst aus den Gefahren.

MARAGOND
Des Zornes volle Macht
Wird er verdient erfahren,
Die Qual, die er gebracht,
Er muß sie selbst erfahren.

BRUTAMONTE
Auf ihrer Größe Trümmer
Blüht unsers Ruhmes Ziel;
Das Herz entwöhnt sich nimmer
Der Rache blut'gem Spiel.

Nr. 10 Chor

CHOR
Laßt Friede in die Hallen
Des Fürstensitzes zieh'n,
Wenn Jubellieder schallen,
Muß auch die Palme blüh'n.
Ihr Himmelsmächte sendet
Die Ruhe diesem Land,
Der Gaben höchste spendet,
Der Eintracht heilig Band!

Nr. 11 Terzett mit Chor

BOLAND
Im Tode sollt ihr büßen,
Was Übermut gewagt;
Bald deckt zu meinen Füßen
Euch Nacht, die nimmer tagt.

ROLAND und DIE RITTER
Das Leben leicht zu lassen
Ist frommer Ritter Pflicht;
Doch er ist schwer zu hassen,
Der Wort und Ehre bricht.

FLORINDA
O schütz' ihn vor Gefahren,
Du ew'ge Himmelsnacht.

BOLAND
Ihr sollt es bald erfahren,
Wie euch mein Grimm verlacht.

CHOR DER MAUREN
Bald sollen sie erfahren,
Daß seine Rache wacht.

BOLAND
Fort! in des Kerkers Grauen
Büßt ihr den frev'len Wahn!

FLORINDA
Muß ich elend schauen,
Zur Rettung teibt's mich an.

DIE RITTER
Mit männlichem Vertrauen
Geh'n wir die Todesbahn.

CHOR DER MAUREN
Auf Glück dürft ihr nicht bauen,
Bald ist's um euch getan.

BOLAND
Im Kerker wachet ihr für ihr Loben,
Bis sie der Strafe Arm ereilt.

ROLAND und DIE RITTER
Des Königs Rache mach' dich beben,
Weil er zum Schutz der Freunde eilt.

CHOR DER MAUREN
Wir wachen strenge für ihr Leben,
Bis sie der Strafe Arm ereilt.

FLORINDA
Ach, Vater, hab' Erbarmen!

BOLAND
Dich rührt ihr wohlverdientes Los?

FLORINDA
In des Geliebten Armen
Ereil' auch mich das Todeslos.

BOLAND und der CHOR
Sie sollen erblassen
In heimlicher Not,
Die Feinde zu hassen
Ist Rachegebot,

FLORINDA, ROLAND und DIE RITTER
Das Leben zu lassen
In peinlicher Not,
Es heischt uns (sich) fassen
Zum schmählichen Tod.

Nr. 12 Arie

FLORINDA
Die Brust, gebeugt von Sorgen,
Bestürmt des Schmerzes Glut;
Ja, tage, wilder Morgen,
Dein Segensgruß ist Blut.
Des Weibes sanfte Sitten
Zerstört den Drang der Not,
Und mit der Furien Wüten
Verbreit' ich Schreck und Tod

Nr. 13 Melodram

FLORINDA
Wo ist er? Nicht des Todes Grauen
Hemmt meiner Schritte schnellen Lauf;
Nur ihn, den Teuren muß ich schauen,
Dann flieh' des Lebens letzter Hauch.
Ach, mein Roland!

ROLAND
Gerechte Vorsicht!
Ja, sie ist's! Florinda!

DIE RITTER
Wie? Diese wäre - Florinda?

ROLAND
Am Rand des Grabes muß ich finden
Das Glück, das Mißgunst mir entzog!
Ich fühl's bei jeder Hoffnung schwinden,
Daß mich die höchste nicht betrog.
Hilfe schaffet erst der Teuren,
Daß zur Besinnung schnell sie wiederkehre.
Laßt sie, schon ist sie wieder sich bewußt.

FLORINDA
Wo bin ich?

ROLAND
In meinem Arm, in deiner Freunde Mitte.
Vernehmt es, Brüder! Ich hab' sie gefunden,
Es kehrt das Glück!
Wie das Geschick auch wüte,
Auf ewig bleibst du mir verbunden!
Selbst an des Grabes Rande
Erwacht das Leben neu,
Vom düster'n Todesbande
Macht uns die Liebe frei.

FLORINDA
Entzücken strömt und Leben
In die gequälte Brust,
Das Herz füllt Wonnebeben,
Die Seele Himmelslust.

BEIDE
Wie leicht wird so die Todesstunde
Das Leben quillt vom teuren Munde.

DIE RITTER
Heil ihrer Herzen schönem Bunde,
Er muß gedeih'n in solcher Stunde.
Heil dem schönen Bunde,
Ihrer Herzen Bunde Heil.

3. AKT

Gemach im königlichem Schlosse mit eine offenen Ausgang in der Mitte.

Nr. 14 Arie mit Chor

FLORINDA
Des Jammers herbe Qualen
Erfüllen dieses Herz,
Zum Grabe muß er wallen,
O unnennbarer Schmerz!
In bitt'rer Todesstunde
Fehlt ihm der Liebe Gruß,
Und nicht vom Freundes Munde
Wird ihm der Scheidekuß.

DIE RITTER
Laß dein Vertrau'n nicht schwinden,
Noch leuchtet uns ein Hoffnungsstrahl,
Noch kann sich Rettung finden
Und spurlos flieht der Leiden Zahl.

FLORINDA
Mit des Geliebten Leben
Flieht auch das meine hin.

DIE RITTER
Vertrauen und Ergeben
Bringt lohnenden Gewinn.

FLORINDA
Und seines Todes Stunde
Bringt mir Vertrauen auch.

DIE RITTER
Des Herzens tiefste Wunde
Heilt froher Hoffnung Hauch .

Nr. 15 Chor der Mauren

BOLAND
Zum Tode fort!
Den finsteren Höllenmächten
Verfallen ist der Feinde freche Brut

CHOR
Nie soll der Schwache mit dem Glücke rechten
Denn jede Schuld zahlt er mit seinem Blut.

CHOR DER RITTER
Zum grausen Tod in finst'ren Höllenmächten
Verdammet uns der Feinde tolle Wut.

Nr. 16 Finale

KARL
Nun laßt des langersehnten Glücks uns freuen,
Den fernen Schmerz soll keine Macht erneuen.

SCHLUSSGESANG
Vereint durch Bruderbande
Gedeiht nur Menschenglück,
Es weilt im Vaterlande
So gern der Söhne Blick

EGINHARD, EMMA, ROLAND, FLORINDA
In Nebel zerronnen
Sind Schreck und Pein,
Das Glück ward gewonnen
Durch Treue allein.

CHOR DER RITTER UND MAUREN
Nach langer Leiden Qualen
Erwacht die reine Lust,
Und Jubellieder schallen
Aus der entzückten Brust.


Fritz Wunderlich Discography